Die Verbände privater Pflegeeinrichtungen schlagen Alarm. Die wirtschaftliche Situation der ambulanten Pflegedienste im Land hat sich dramatisch verschlechtert. 84 Prozent der Pflegedienste plagen Existenzsorgen, 89 Prozent beklagen eine deutliche Unterfinanzierung ihrer Leistungen. Die Verbände streben konstruktive Lösungen an. Am 10. Oktober 2023 beginnen die Verhandlungen mit den Krankenkassen.
Die wirtschaftliche Situation der ambulanten Pflegedienste ist existenzgefährdend. Die häusliche Krankenpflege ist in akuter Gefahr. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Verbände privater Pflegeeinrichtungen in Niedersachsen unter ihren Mitgliedsbetrieben. 65 Prozent der befragten Pflegedienste bewerten ihre gesamtwirtschaftliche Situation als schlecht, und im Rahmen der häuslichen Krankenpflege sind sogar 69 Prozent der Dienste defizitär.
89 Prozent bestätigen eine deutliche Unterfinanzierung und 86 Prozent der Dienste bezeichnen die Vergütung in der häuslichen Krankenpflege als nicht auskömmlich. Unterstrichen wird die Situation dadurch, dass 84 Prozent der Dienste essenzielle Existenzsorgen haben und mit großer Sorge in die Zukunft blicken.
Damit einhergehend ist auch die flächendeckende Versorgung mit häuslicher Krankenpflege massiv gefährdet. Schon jetzt müssen die Pflegedienste nahezu täglich Anfragen von Patienten ablehnen, die dringend auf professionelle Hilfe angewiesen sind, zum Beispiel bei der Versorgung von Wunden, der Medikamenteneinnahme oder dem An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen.
Wesentliche Ursache für die erheblichen Schwierigkeiten ist, dass die Vergütungen, die die Pflegedienste für ihre Leistungen von den Krankenkassen erhalten, nicht in dem Maße gestiegen sind, wie die Löhne der Pflegekräfte. Daraus folgt, dass Pflegekräfte heute massiv weniger Zeit pro Patienten zur Verfügung haben.
Gerade einmal 230 Sekunden werden für die Medikamentengabe als einzelne Leistung finanziert. Bei einem Besuch, der dem An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen dient, sind es sogar nur 127 Sekunden pro Bein oder 254 Sekunden für zwei Beine. In dieser knapp bemessenen Zeit müssen nicht
nur medizinische Handlungen ausgeführt werden, sondern auch die elementaren sozialen Aspekte der Krankenpflege, wie Begrüßung und Verabschiedung, untergebracht werden. Qualitätsmanagement, Dokumentation, Verwaltung, Sachkosten, etc. sind hier noch nicht einmal berücksichtigt. Das ist inakzeptabel und führt zwangsläufig zu einer deutlichen Verschlechterung oder Einstellung der Krankenpflege.
Pflegekräfte benötigen ausreichend Zeit, um die medizinische Behandlungspflege zu erbringen.
Exakt mit dieser Forderung haben sich in Niedersachsen die Vorstände der privaten Leistungserbringerverbände geschlossen an die GKV-Verbände gewendet und zur Verhandlung für das Jahr 2024 aufgefordert.
Die erste Verhandlungsrunde startet am 10. Oktober 2023. Die Leistungserbringerverbände haben große Hoffnung, dass die Krankenkassen die Brisanz der Lage kennen und zu konstruktiven Verhandlungen bereit sind, um die Existenz der häuslichen Krankenpflege zu sichern.